Geschichte der Sternwarte
Wendelstein – Sonnenobservatorium
Schon kurze Zeit nach seinem Amtsantritt in München hatte Wellmann
auf dem Wendelstein die Früchte früherer Bemühungen ernten können,
nämlich die Inbetriebnahme eines Aufzugs zum Observatorium und die
Lieferung eines 20-cm-Koronographen.
Die Planungen des Universitätsbauamts zum Bau einer ursprünglich
vorgesehenen Kabinenseilbahn, die die 1942 errichtete Materialseilbahn
ersetzen sollte, waren schon Mitte der 1950er Jahre begonnen,
dann auf einen im Innern des Berggipfels plazierten Personenaufzug
ausgedehnt worden.
Denn nur mit einem im Berginneren verlaufenden Lift konnten die Belange
des Naturschutzes am besten gewahrt und gleichzeitig der Gipfel bei
jedem Wetter erreicht werden.
Da damit auch dem Personal der bei Eis und Schnee lebensgefährliche,
bis zu vier Stunden in Anspruch nehmende Gipfelweg erspart blieb,
konzentrierte man sich trotz des höheren finanziellen Aufwands auf
diese optimale Variante.
Am 8. Mai 1961 war es dann soweit und man begann damit, vom Bergbahnhof
der Zahnradbahn aus einen 80 Meter langen horizontalen Stollen in
den Berg zu treiben und mit Spritzbeton zu sichern.
Nach ca. sechs Wochen war man direkt unter dem Observatorium angekommen
und es gelang anschließend, mit einer Zielbohrung nach Überwindung
von 110 Metern Höhenunterschied direkt im Observatorium zu landen.
Die Hebfeier für den vollendeten Tunnel- und Schachtbau fand am
Nachmittag des 27. Juni 1962 unter dem Beisein einer großen Zahl
von Honoratioren statt und es war dafür gesorgt worden, dass die
Feier auf der höchsten bayerischen Dienststelle zu einem echt
bajuwarischen Fest wurde .
Der Einbau der Aufzugsanlage nahm dann nochmals einige Monate in
Anspruch, so dass erst am 15. Februar 1963 die offizielle Abnahme
des Lifts durch den TÜV und damit die Indienststellung erfolgen konnte.
Schematische Darstellung von Zugangsstollen und Schacht des
Bergaufzugs, der die Erreichbarkeit des Sonnenobservatoriums seit
Februar 1963 wesentlich verbessert.
Der Stollen führt vom Bahnhof der Zahnradbahn ca. 80 m horizontal in
den Berg bis zum unteren Ende des Fahrstuhlschachts, der dann nach
ca. 110 m direkt im Observatorium endet.
Die Baukosten betrugen 1.7 Millionen DM.
Das Bild zeigt einen Sonnenbeobachter Anfang der 1960er Jahre am
Drillingsinstrument, das sich ab 1955 in der für den geplanten
Koronographen errichteten Kuppel befand.
Diese war windgeschützter und daher nicht zu sehr Schneeverwehungen
und Vereisungen ausgesetzt.
Das Instrument wurde nach der 1963 erfolgten Lieferung des
Koronographen wieder in seiner ursprünglichen Kuppel aufgestellt.
Die instrumentelle Ausstattung des Observatoriums erfuhr dann
eine wesentliche Bereicherung, als im Juli 1963 nach langer
Planungszeit ein von der Akademie zur Verfügung gestellter, moderner
20-cm-Coudé-Koronograph von Zeiss aufgestellt wurde, der
zusätzlich noch mit einem Spektrographen der Fa. Bausch &
Lomb ausgerüstet war, um monochromatische Bilder der Sonnenkorona
untersuchen zu können.
Das Instrument leitete jedoch keinen wissenschaftlichen Höhenflug
auf dem Wendelstein ein.
Dazu waren Wellmanns Versuche, durch den Einsatz von Diplomanden
und Doktoranden auf instrumentellem und wissenschaftlichem Gebiet
voranzukommen, zu zaghaft und zu spärlich, um einen Durchbruch zu
erzielen.
Lediglich die schließlich mit dem neuen Koronographen routinemäßig
erhaltenen Koronaintensitäten erhöhten ab 1976 die Menge der an
internationale Datenzentren übermittelten Messungen.
Auch die Tatsache, dass für Müller, der 1963 in den Ruhestand gegangen
war, nie ein Nachfolger bestellt wurde und die Mitarbeiter vor Ort
daher ohne die Anleitung eines Wissenschaftlers ihrer Messtätigkeit,
wenn auch in hervorragender Weise, nachkamen, wirkte sich nicht
positiv auf die Entwicklung des Sonnenobservatoriums aus.
Es wurde keine aktive, eigenständige Forschungsarbeit geleistet,
das Observatorium erstarrte als Datenlieferant auf hohem Niveau.
Im Juli 1963 konnte der von der Akademie finanzierte
20-cm-Coudé-Koronograph der Fa. Zeiss/Oberkochen in der
bereits 1955 errichteten Kuppel aufgestellt und dann mit einem
Bausch & Lomb-Spektrographen betrieben werden.
Blick auf die große Kuppel mit dem herausragenden Tubus des
Koronographen und die Coelostaten-Kuppel.
Die beiden Koronographen-Aufnahmen entstanden am 30. Januar 1964.
Die astronomischen Aktivitäten auf dem Ostgipfel schliefen nach dem
Amtsantritt Wellmanns gänzlich ein.
Er hatte zwar als ein Ergebnis seiner Berufungsverhandlungen die
Zusage für eine weitere Kuppel und die Beschaffung eines Teleskops
der 1-m-Klasse für den Wendelstein erhalten, hat aber aus
nicht näher bekannten Gründen diese ministerielle Bereitschaft nie
in Anspruch genommen.
Darüberhinaus wurden im Jahre 1970 die beiden größeren Schmidt-Kameras
für die Coudé-Spektrographenanlage des auf dem Gelände in Bogenhausen
geplanten 40-cm-Coelostaten demontiert.
Zwei Jahre vor seiner Emeritierung schaffte Wellmann dann endgültig
klare Verhältnisse auf dem Ostgipfel:
Am 23. Juni 1980 entfernte man die Beobachtungskuppel und brach die
renovierungsbedürftige Hütte ab.
Die Mission Ostgipfel war gescheitert und gehörte der
Vergangenheit an.
Erst Mitte der 1980er Jahre konnte dann sein Nachfolger nach Auflösung
des Sonnenobservatoriums die Errichtung eines 80-cm-Teleskops
auf dem Hauptgipfel erreichen und einer erfolgreichen Nachtastronomie
auf dem Wendelstein den Weg bereiten.
Der Leiter des Sonnenobservatoriums Rolf Müller war zum 1. Mai 1963
in den Ruhestand getreten.
Zu seiner Abschiedsfeier am 31. Juli 1963 kam auch die Belegschaft
der Sternwarte Bogenhausen auf den Wendelstein.
Müller bedankt sich bei Wellmann (mit dem Rücken zur Kamera) für
sein Abschiedsgeschenk.
Er widmete seinen Lebensabend der Archäoastronomie und starb 1981 an
seinem zweiten Wohnsitz in Fort Lauderdale/Florida.
Das Wendelstein-Observatorium Mitte der 1960er Jahre.
Es wird dominiert von der großen Kuppel mit dem
20-cm-Koronographen und der schalenförmig zu öffnenden Kuppel
mit dem Drillingsinstrument.
Am linken Rand der Anlage ist die Wendelstein-Kapelle zu erkennen.
Der Fernsehsendemast des Bayerischen Rundfunks am rechten Bildrand
hatte schon Ende 1954 seinen Betrieb aufgenommen und versorgte damals
gerade mal 1570 registrierte Fernsehteilnehmer.
Etwas später datiert die Aufnahme der winterlichen Anlage, die vom
Fernsehsendemast aus erhalten wurde.
Bildquellen:
Nr. 1–7: USM
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