Geschichte der Sternwarte
Lamont – Tod
Ruhig und ohne Schicksalsschläge floss Lamonts Leben in Bogenhausen
dahin:
Er erfreute sich bis in sein Alter einer im Wesentlichen
ununterbrochenen Gesundheit und fühlte sich glücklich in der ihm zu
Theil gewordenen Stellung .
Seit 1837 war er ordentliches Mitglied der Akademie und dies hatte
ihm das Recht verliehen, öffentliche Vorträge an der Universität zu
halten, wovon er auch gelegentlich Gebrauch machte.
Nach dem Tod Gruithuisens wurde er dann im Dezember 1852 dessen
Nachfolger als Lehrstuhlinhaber für Astronomie.
Damit war eine Personalunion zwischen diesem Amt und dem des
Sternwartdirektors geschaffen worden, die fast 150 Jahre Bestand
haben sollte.
Links: Das 1840 an der Ludwigstraße fertiggestellte repräsentative
Hauptgebäude der Universität löste das seit 1826 im ehemaligen
Jesuitenkolleg bestehende Provisorium ab.
München hatte damals etwa100 000 Einwohner und über
1300 Studenten.
Rechts: Lamont, hier auf einem Gemälde nach einer Photographie aus
dem Jahre 1856, wurde 1852 Professor für Astronomie an der Universität.
Dort traf er auf berühmte Kollegen wie den Physiker Ohm, den Chemiker
Liebig und den Chemiker, Apotheker, Chirurgen und Begründer der
Hygienewissenschaft Pettenkofer.
Die Sternwarte in Bogenhausen um 1860.
Das Refraktorgebäude trägt schon die Ende 1858 installierte Kuppel,
die das bereits morsch gewordene Schiebedach ersetzte.
Der Feldweg, der in etwa dem heutigen Verlauf der Sternwartstraße
entspricht, hatte den Astronomer-Royal for Scotland , Charles
Piazzi Smyth (1819–1900), anlässlich eines Besuches im Jahre 1869
zur Bemerkung What a road to a Royal Establishment!
veranlasst.
Im Hintergrund sind die Schornsteine von Ziegeleien zu erkennen.
Die Sternwarte nach einer Zeichnung aus dem Jahre 1868.
Das villenartige Gebäude links stand an der Sternwartstraße etwa in
der Mitte zwischen Ismaningerstraße und dem heutigen Galileiplatz.
Dies zeigt, dass schon lange vor der Jahrhundertwende 1900, als der
wachsende Stadtteil Bogenhausen die Sternwarte immer mehr einschloss,
das Dorf Bogenhausen sich auch schon allmählich Richtung Sternwarte
ausdehnte.
Lamont lebte zurückgezogen in seiner aus vier Zimmern und einer Küche
bestehenden Wohnung im östlichen Seitenflügel des Sternwartgebäudes.
Unverheiratet und von äußerst einfacher Lebensweise stellte er nur
geringe Ansprüche an die Genüsse des Lebens .
Im Alter von 60 Jahren hatte er zur Entlastung seiner Lebensführung
im herannahenden Alter eine Haushälterin eingestellt.
Aber erst ab seinem 70. Lebensjahr begannen sich die in seiner Kindheit
erlittenen Verletzungen an der Wirbelsäule immer deutlicher bemerkbar
zu machen.
Dazu kamen verschiedene Symptome, die als Resultat jahrzehntelanger
mangelhafter Ernährung zu deuten sind.
Schmerzen in der linken Seite wurden immer schlimmer und sein sonst
so rascher Gang verlangsamte sich immer mehr.
Ab dem Wintersemester 1878/79 konnte er den Fußmarsch zur Universität
nicht mehr bewältigen und war auf die Benutzung eines Wagens
angewiesen.
Ab Mitte Juli 1879 beschleunigte sich dann sein körperlicher Verfall
immer mehr, bis ihn am 6. August sanft der lange Schlaf des
Todes in seine Arme nahm .
Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Bogenhausener Dorffriedhof.
Links: Abschrift eines Schreibens vom 6. August 1879, mit dem der
Erste Assistent der Sternwarte Feldkirchner der Akademie das
Ableben Lamonts mitteilte.
Rechts: Lamont-Epitaph in lateinischer Sprache an der Außenwand der
Kirche St. Georg in Bogenhausen.
Lamont hatte bereits zu Lebzeiten einen Teil seines Einkommens für
wohltätige Zwecke benutzt, Studenten finanziell unterstützt oder auch
Preise für die Schulkinder des Dorfes Bogenhausen gestiftet.
Schon im Jahre 1853 war von ihm an der Universität ein Stipendienfond
für Studirende, welche sich mit nachgewiesenem Erfolge den Studien
der Astronomie, der mathematischen Physik oder der reinen Mathematik
widmen gegründet worden und sein letzter Wille bestimmte, dass
sein durch bescheidene Lebensführung angesammeltes, beträchtliches
Vermögen von ca. 100 000 Mark, ausgenommen einige
kleinere Vermächtnisse, der Universität zur Erhöhung des Kapitals
seiner Stiftung zur Verfügung gestellt werden sollte.
Er hat damit mindestens die Hälfte seiner seit 44 Jahren als
Sternwartdirektor erhaltenen Bezüge dem Staat zweckgebunden wieder
zurückgegeben.
Seine wissenschaftlichen Leistungen, die sich in zehn eigenständigen
Werken, sieben Schriftreihen und über 100 Zeitschriftenartikeln
niederschlugen, hatten schon zu seinen Lebzeiten weite Anerkennung
gefunden:
Zahlreiche gelehrte Gesellschaften auch außerhalb Münchens
(z. B. in Frankfurt, Halle (Leopoldina), Wien, Prag, Lausanne,
Brüssel, Lüttich, Cherbourg, London, Cambridge, Edinburgh, Uppsala)
wählten ihn zu ihrem Mitglied und er erhielt mehrere Orden (z. B.
den österreichischen Orden der eisernen Krone, den schwedischen
Nordstern-Orden, den päpstlicher Orden Gregors des Großen und den
bayerischer Maximiliansorden für Kunst und Wissenschaft), darunter
1867 von König Ludwig II. (1845–1886) auch den Verdienstorden der
bayerischen Krone, der mit dem persönlichen Adelstitel verbunden war.
Diese Ehrungen hatten jedoch seine einfache, bescheidene Lebensweise
nicht im geringsten verändert.
Lamont sah darin lediglich einen Ansporn zu weiteren wissenschaftlichen
Bemühungen.
Die Stadt München benannte nach der Eingemeindung Bogenhausens 1892
eine Straße in unmittelbarer Nähe der Sternwarte nach ihm.
Auch die Astronomen standen nicht zurück:
Ein Mondkrater von 106 km Durchmesser und ein Marskrater von 76 km
Durchmesser tragen Lamonts Namen.
Im Jahre 1934 ließ der Lamont-Clan in Schottland gegenüber der Schule
in Inverey, die Lamont bis zu seinem 12. Lebensjahr besucht hatte,
ein würdiges Denkmal für ihr berühmtes Mitglied errichten.
In München wurde im Jahre 2005 anlässlich der Feierlichkeiten
zu Lamonts 200. Geburtstag an der Stelle des 1840 gegründeten,
unterirdischen magnetischen Observatoriums von Akademie und Universität
ein Gedenkstein mit einer entsprechenden Inschrift errichtet.
Das Gelände des ehemaligen Observatoriums erfuhr anschließend eine
Aufnahme in die Liste der Bodendenkmäler Bayerns.
Je ein Krater auf dem Mars (links) und dem Mond (rechts) trägt
Lamonts Namen.
Im Jahre 1934 errichtete der Lamont-Clan am Waldrand vor der alten
Dorfschule von Inverey ein Denkmal für ihr berühmtes Mitglied.
Die Inschrift, die Lamont als Königlich Bayerischen Astronomen
würdigt, lautet:
THIS STONE COMMEMORATES
JOHN LAMONT
1805–1879
WHO WAS BORN AT CORRIEMULZIE ·
HIS NAME IS WRITTEN IN THE HISTORY OF SCIENCE AS
JOHANN VON LAMONT
ASTRONOMER ROYAL OF BAVARIA.
Dazu wird unter einer Darstellung des Sternbildes Orion in deutscher,
englischer und gälischer Sprache ein Ausschnitt aus dem biblischen
Psalm 19 zitiert, der vom Lob der Schöpfung handelt.
Inschrift der Gedenktafel, die aus Anlass des 200. Geburtstages
von Lamont auf dem Areal des 1840 in Betrieb gegangenen, unterirdischen
geomagnetischen Observatoriums von Akademie und Universität aufgestellt
wurde.
Die Tafel ist auf einem Quader aus dem Gemäuer der alten
Sternwartanlage angebracht.
Das Gelände des ehemaligen Observatoriums links vom
Gedenkstein im Vordergrund wurde in die Liste der Bodendenkmäler
Bayerns aufgenommen.
Im Hintergrund ist durch die Bäume das Gebäude der heutigen Sternwarte
zu erkennen.
Die Grabstätte Lamonts im Bogenhausener Dorffriedhof wird auch heute
noch von der Universität gepflegt und in Ehren gehalten.
Nicht sicher zu belegen ist die schöne Geschichte, nach der Lamont
testamentarisch eine kleine Geldsumme hinterließ mit der Verfügung,
dass der Küster der Bogenhausener Kirche täglich einige Münzen in
die nach oben geöffnete Hand seiner Büste am Grab zu legen habe,
die dann von Kindern quasi gestohlen werden durften.
Der neugierige Besucher des Friedhofs sieht aber tatsächlich auch
heute noch immer wieder Münzen in der Hand liegen und kann die darunter
befindliche Inschrift lesen:
Et coelum et terram exploravit
– Er hat sowohl den Himmel als auch die Erde erforscht.
Bildquellen:
Nr. 3–6, 15–18: USM
Nr. 2: BAdW
Nr. 9–14: H. Soffel
Nr. 1, 7, 8: WWW
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