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Wie im vorhergehenden Abschnitt ausgeführt, erlauben die breiten, sog. ``P
Cygni Profile'', die bei heißen Sternen im UV beobachtet werden, einen
tiefen Einblick in die physikalischen Bedingungen des Sternwindes. (Diese
Art eines Profiles wird deshalb so genannt, weil sie erstmalig im Spektrum
des Sternes P Cygni gefunden wurde.)
Da wir uns im nächsten Abschnitt ausführlich mit der Diagnostik dieser
Profile beschäftigen werden, soll an dieser Stelle kurz skizziert werden,
wie sie zustandekommen.
Der zentrale Effekt, der hier zum Tragen kommt, ist der sog.
Doppler-Effekt. Dieser Effekt ist schon aus dem täglichen Leben bekannt,
wenn man sich vor Augen (besser vor Ohren) führt, was passiert, wenn sich ein
Polizei- oder Krankenwagen mit eingeschalteter Sirene einem am
Randstein stehenden Zuschauer / Zuhörer nähert und dann wieder
entfernt.
Zuerst hört man die Sirene mit relativ hohen Tönen, d.h. mit einer
höheren Frequenz als derjenigen, die der Fahrer
in seinem Wagen hört oder die man hören würde, falls der Wagen
stünde. Die Tonhöhe wird dann schlagartig tiefer, wenn der Wagen den
``Beobachter'' passiert und sich von ihm entfernt. Sie ist dann auch
tiefer, als sie dem Fahrer erscheint. (Dieser hört natürlich immer
die gleiche Frequenz.)
Den analogen Effekt - nun bezüglich der Frequenz der Lichtstrahlung -
sieht ein Beobachter auf der Erde, wenn er verschiedene Bereiche des
Windes betrachtet (man vergleiche im weiteren die folgende Abbildung):
- Schaut er nämlich auf die ihm zugewandte Hälfte des Windes
(Teil ``A, B'' vor der gelben Trennungslinie), sieht er das Windmaterial
auf sich zu kommen, und zwar, von innen nach außen, mit anwachsender
Geschwindigkeit:
- das äußerste Material kommt am schnellsten auf ihn zu
(mit maximaler Geschwindigkeit vm = Endgeschwindigkeit), so daß
er diese Strahlung mit einer höheren Frequenz (= niedrigere Wellenlänge)
sieht, als sie von den Ionen im Wind ``gesehen'' werden.
- das innerste Material hat eine Geschwindigkeit von nahezu Null
bezüglich des Beobachters, d.h., dieser sieht die Strahlung bei gleicher
Frequenz wie das Windmaterial.
- Schaut man nun auf das rückwärtige Material (Teil ``C'' hinter
der gelben Linie), so sieht man dieses, wie es sich vom Beobachter
entfernt. Deshalb ist die beobachtete Frequenz tiefer, d.h. liegt bei
höherer Wellenlänge. Wieder sieht man im wesentlichen alle
Geschwindigkeiten von Null bis -vm, wobei das ``Minuszeichen''
daher rührt, daß sich das Material von einem weg bewegt.
Hat man diese Argumentation einmal verstanden, so läßt sich die
spezielle Form eines P Cygni Profiles folgendermaßen erkären:
- Betrachten wir zunächst den Absorptionsprozeß im Wind, d.h. die
Anregung von Elektronen durch die Strahlung des Sternes. Vergleichen wir
mit dieser Strahlung (dem sog. stellaren Kontinuum, entsprechend der Linie
bei ``1''), so zeigt sich, daß diejenige Kontinuumsstrahlung
herausabsorbiert wird, die in demjenigen Frequenzbereich liegt, der
durch den Dopplereffekt des auf den Beobachters zu kommenden
Windmaterials beeinflußt wird: Dies entspricht Frequenzverschiebungen
von Null bis vm. Absorptionsprozesse finden in Teil ``A'' des
Windes vor der Sternscheibe statt und resultieren in dem dargestellten
Absorptionsprofil. Man beachte, daß dieses asymmetrisch bzgl. der
``Nullfrequenz'' ist, da nur dasjenige Kontinuum absorbiert werden kann,
welches auch auf den Beobachter zu kommt.
- Links und rechts des resultierenden Absorptionstroges (d.h. bei
Dopplerverschiebungen entsprechend größer vm und kleiner Null)
sieht der Beobachter die ungestörte stellare Kontinuumsstrahlung, da es in
diesem Frequenzbereich kein absorbierendes Material gibt.
- Wie wir in Kapitel 2 herausgestellt haben, können angeregte
Elektronen nicht allzu lange in diesem Zustand bleiben, sondern ``fallen''
- bei den hier diskutierten Linienübergängen - wieder in ihren
Ausgangszustand zurück. Dabei wird jeweils ein Photon emittiert.
- Insgesamt würde ein Beobachter das durch eine Vielzahl
solcher Prozeß resultierende Emissionsprofil sehen, das hier, da es
sich um zusätzliche Strahlung handelt, bei Null ``anfängt''.
- Im Gegensatz zum Absorptionsfall sieht der Beobachter nun allerdings
Strahlung aus Windbereichen, die sich sowohl auf den Beobachter
zu bewegen als auch von ihm entfernen. Drei verschiedenen Regionen tragen
zur Emission bei:
- Durch die Überlagerung des asymetrischen Absorptions- und
Emissionsprofiles entsteht letztendlich die dargestellte typische P Cygni Form.
Nachzutragen bleibt, daß der Prozeß natürlich nur dann wie
beschrieben abläuft, wenn es überall genügend Ionen gibt, die
absorbieren und emittieren können. Wenn es nur wenige solcher Ionen gibt,
wird das Profil schwächer, d.h. sowohl seine Einsenkung als auch seine
Höhe über ``1'' geringer. Insbesondere kann es dazu kommen, daß man
nur noch Material sieht, welches langsamer als die Endgeschwindigkeit ist.
In diesem Fall wird das P Cygni Profil dann schmäler, als es dem
Dopplereffekt bzgl. einer Geschwindigkeit +/-vm entspräche.
Diese und andere Reaktionen der Profilform werden wir nun im nächsten
Abschnitt betrachten.
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Joachim Puls
11/21/1997